Tag 1: Ein kleiner Traum geht in Erfüllung. Schon lange wollte ich mal nach Sankt Petersburg und jetzt sollte es endlich wahr werden. Mein Flug ging schon 8:05 Uhr und ich saß bereits seit 6:30 Uhr am Gate in Schönefeld. Nun wünschte ich mir allerdings doch, ich hätte den Direktflug mit Air Rossiya genommen. Ich war so müde und allein der Gedanke, nun erst 1,5 Stunden in die entgegengesetzte Richtung zu fliegen, war mir zuwider. Aber die Variante mit Wizzair über Budapest zu fliegen (130€) und zurück mit Air Baltic über Riga (148€) war einfach die günstigste. Leider versprach auch das Wetter am letztendlichen Zielort nicht so viel Gutes. Bibber! Und das im Hochsommer!
Am Flughafen in St. Petersburg angekommen, war mein erster Weg zum ATM. Natürlich gab der mir einen 5000 Rubel-Schein! Was für ein Mist. Den würde mir doch niemand abnehmen. Ich wollte also nochmal ins Gebäude, um mir damit irgendetwas zu kaufen, aber no way. Um wieder hineinzukommen, hätte ich eine Sicherheitskontrolle passieren müssen und das war mir zuviel Aufwand. Mit dem Bus Nr. 39 oder 39E direkt vorm Terminal kommt man bequem und zügig zur Metro-Station Moskovskaja, von wo die Linie 2 mitten ins Herz der Stadt führt. Im Bus zahlte ich ganz unproblematisch und kontaktlos bei einer Kontrolleurin, die meine EC-Karte lediglich gegen einen gelben Punkt hielt. Eine Fahrkarte bekommt man dann allerdings nicht. Keine Ahnung, was der Spaß gekostet hat. In der Metro versuchte ich dann mein Glück an den Fahrkartenautomaten, scheiterte aber trotz deutschen Menüs gnadenlos. Eine Gruppe junger deutscher Männer umzingelte mich, indem sie sich an den anderen Automaten zu schaffen machten. Ebenso erfolglos. Natürlich sollte ich Ihnen helfen. Ha, ich sah also nicht so verzweifelt aus, wie ich mich fühlte. Ich ging schließlich weiter und überließ die Jungs ihrem Schicksal. Keine 20 m weiter gab es Schalter, an denen echte Personen saßen. Na also! Ich kaufte mir nach längerer Diskussion mit der nicht Englisch sprechenden Verkäuferin eine aufladbare Metro-Karte mit 10 Fahrten für 400 Rubel und stellte mich vor die Automatiktür, hinter der man in die Metro einsteigen konnte, sobald diese hielt. Sehr praktisch, denn so kann es nicht passieren, dass jemand vor den einfahrenden Zug geschubst wird. Sollte überall eingeführt werden.
Am berühmten Nevski Prospekt erblickte ich dann wieder das Tageslicht und war sofort mitten im Trubel. Leider entdeckte ich da schon, dass die weltberühmte Blutkirche zum Teil eingerüstet war. Was für ein Pech! Ausgerechnet der hübsche gezwirbelte Mittelturm. Immer an der Mojka entlang, bahnte ich mir den Weg bis zum Hotel. Es waren doch noch gute 1,3 km.
Ich holte mir noch Getränke und etwas zum Knabbern im 24/7 Shop neben dem Hotel und checkte gegen 17:45 Uhr ein. Sage und schreibe 12 Stunden nach dem Aufstehen! Das Art Avenue Hotel befindet sich in einem ruhigen Hinterhof der Grivcova Straße unweit der blauen Brücke und der Isaac Kathedrale. Die Einrichtung ist sehr stylish und genau so, wie auf Booking.com beschrieben. Sogar mit einem Hauskater mit eigenem Instagram-Account.
Zu meinem Bedauern war ich unter dem Dach, also in der 4. Etage, untergebracht und zu meinem noch größeren Bedauern vergaß ich gleich mal mein Wasser an der Rezeption und musste direkt nochmal runter.
Mein Zimmer sah aus wie frisch renoviert und hatte alles, was man braucht. Die Blümchen-Tapete und die Bad-Fliesen sind natürlich Geschmacksache. Aber es war sehr sauber und das Bett wirklich bequem. Für 56€/Nacht absolut okay!
Meine Freundin Vanessa, die zeitgleich mit mir hier ist, damit wir zusammen zum Rammstein-Konzert gehen können, erreichte das Hotel circa 23:30 Uhr. Aber da schlummerte ich dann schon in seligen Träumen. Allerdings nur solange, bis jemand meinte, um 5:45 Uhr morgens den TV in der Gemeinschaftsküche anzuschalten, von der ich nur durch eine Besenkammer getrennt war. Boah – Hass! Stöpsel rein, Vanessa geantwortet, dass wir uns wahrscheinlich erst abends sehen, und weitergeschlafen.
Tag 2: Gegen 9 Uhr sprang ich dann unter die Dusche und zog los, um erste Eindrücke aus meiner Umgebung zu sammeln. Gleich um die Ecke befindet sich die Isaak Kathedrale, die enorm frequentiert war, weshalb ich mir das Innere bei dem schönen Wetter zunächst schenkte. Auch das daneben stehende Astoria Hotel war hübsch anzusehen. Und von Weitem glitzerte mir schon der goldene Turm der Admiralität entgegen.
Gleich hinter der Kathedrale beginnt ein schöner Park mit einem Spielplatz, der zum Senatsplatz mit dem „Ehernen Reiter“ führt. Vor dem edlen Ross drängten sich die chinesischen Reisegruppen, sodass ich dieses Spektakel nur von Weitem belächelte.
An der Newa angekommen staunte ich nicht schlecht. Ich hatte sie mir nicht so monströs vorgestellt. Und das gegenüberliegende Ufer verschlug mir die Sprache. Was für Prachtbauten aalten sich da vor mir in der Sonne. Besonders die frühklassizistische Akademie der Künste (grün-weiße Fassade) am Universitätsufer hatte es mir angetan.
An der Admiralität vorbei, steuerte ich direkt auf die prächtige Eremitage zu. Die Uferpromenade war sehr gepflegt und lud zum Flanieren ein.
Eine Bootsfahrt auf der Newa erschien verlockend, aber es war recht frisch und ich hatte ja noch vier Tage vor mir. Also schlüpfte ich kurzerhand in den dort bereit stehenden Hop on Hop off Bus, um mir erstmal einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Der deutsche Audio-Guide ist natürlich auch immer sehr praktisch, um viele interessante Details zu erfahren. Links der Turm ist ganz neu und steht in der Nähe der Gasprom Arena. Rechts seht ihr die beiden Rostra Säulen auf der Wassili Insel.
Weiter ging es am Ufer der Newa entlang: die hübsche Akademie der Künste, die strahlende Peter und Paul Festung und ihr Hausstrand mit einem Sandburg-Festival sowie diverse Schiffe auf der Petrograder Seite.
Danach bog der Bus erstmal wieder ins Stadtzentrum ab und ich konnte das mondäne Michaelsschloss bewundern. So ein schönes Bauwerk! Es beinhaltet heute das Russische Museum, früher war es die Stadtresidenz des Zarensohns Paul I. – er war der Sohn von Katharina der Großen und scheinbar ein ganz schöner Schisser. Stets hatte er Angst vor einer internen Palastrevolte. Mit Recht! 40 Tage nach seinem Einzug wurde er in seinem Schlafzimmer erdrosselt. Nun ja.
Am ansehnlichen Ufer der Mojka entlang ging es an der Auferstehungs- bzw. Erlöser- oder Blutkirche vorbei. Wie schon erwähnt wird der Mittelteil der beeindruckenden Kuppel gerade restauriert. Das ist zwar äußerst schade, aber auch notwendig und ein weiterer Grund nochmal wiederzukommen.
Wir verließen das zentrale Viertel und überquerten die Newa zur Petrograder Seite. Hier befindet sich unweit des Kreuzers Aurora das allererste Häuschen von Peter dem Ersten. Er verfügte 1703, zeitgleich zum Baubeginn der Peter und Paul Festung, dass man ihm in der Nähe ein Blockhaus bauen solle. Dieses Relikt aus der Gründerzeit der Stadt steht noch heute – im Inneren eines Schutzgebäudes. Peter I. selbst ordnete bereits 1723 an, dass ein Schutzdach über die Blockhütte gebaut werden solle. Cleveres Bürschchen.
An der Festung vorbei, bestaunten wir eine hübsche Promenade mit vielen einladenden Lokalitäten, bevor es über die Wassili Insel zurück zur Eremitage ging.
Das Wetter verschlechterte sich etwas und es wurde kühler, weshalb ich beschloss, ins Hotel zurückzukehren. Der Bus hält unmittelbar neben der Isaak Kathedrale, die ja praktisch nur einen Katzensprung von meinem Hotel entfernt steht. Und so blieb ich einfach sitzen, grüßte nochmal im Vorbeifahren den ehernen Reiter und ließ mich fast bis vor die Haustür kutschieren.
Gegen Mittag war ich also zurück im Hotel. 3 Stunden Sightseeing reichten auch erstmal. Ich gönnte mir ein gepflegtes Mittagsschläfchen. Am Nachmittag erhielten wir von ‚Get your Guide‘ die Nachricht, dass die deutschen Guides am 4.8. ausgebucht sind, verbunden mit der Frage, ob auch der 3.8. für uns ok wäre. Na gut, dann eben morgen schon in die Eremitage. Um 17 Uhr traf ich mich schließlich zum ersten Mal mit Vanessa in der Lobby und wir gingen zum Inder „Oh Mumbai“ an der Ecke. Wieder am Hotel bestellten wir uns zu 19 Uhr über die Yandex App ein Taxi und ließen uns zur Gasprom Arena kutschieren. Eieiei, war das eine wilde Fahrt! Ungünstigerweise durfte unser Fahrer nicht bis zur Arena fahren, was für uns einen ungeplanten 2 km Fußmarsch im Nieselregen bedeutete. So kamen wir dann letztendlich auch zu spät zum Konzert, was ein bisschen nervig war. Die Einlasskontrollen waren da dann aber schon ziemlich leer und gingen sehr zügig. Bereits auf dem Parkplatz, ein ganzes Stück vor der Arena, empfing uns zur Einstimmung ein neckischer Rammstein-Bus mit lautstarker Musik. Und hier hörte es dann auch zu Regnen auf. Sehr schön!
Ich jagte zwei Falschsitzer von unseren Plätzen und wir genossen das spektakuläre Konzert in vollen Zügen. Allein dafür hat sich die beschwerliche Anreise gelohnt. Was für eine grandiose Show – absolut nicht in Bilder einzufangen.
Happy und auch etwas müde gönnten wir uns ein teureres Schwarzmarkt-Taxi zurück zum Hotel. 15€ p.P. war für russische Verhältnisse echt Wucher, aber das war es uns wert. Glücklich fielen wir gegen Mitternacht ins Bett.
St. Petersburg hat sich sehr verändert, zu meiner Zeit ( da hieß die Stadt noch Leningrad :0) ) war sie zwar auch extrem hübsch aber sehr aus einem Guss. Smolensk und Leningrad hatten irgendwann in den späten 80ern gelbe Farbe erhalten und beide Städte erglänztem in vanillegelb, wie ne Tüte Bonbons. Da hat uns damals ( ich war mit der Schule 14 Tage in Russland) sehr zum Lachen gebracht. Moskau war 1990 schon weltstädtisch und hob sich vom vanillegelb ab. Schöner Bericht, sollte evtl. mal wieder hin. LG Sandra
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Ja, das stimmt, haha. Jetzt, wo du es sagst, fällt mir auch auf, dass sehr viel gelb in der Stadt verteilt wurde. Aber immerhin gibt es auch ein paar rötliche und grüne Tupfer. Im nächsten Bericht kommt dann noch babyblau dazu. 🙂
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@ Flug: ja, entweder schnell oder günstig. Beides zusammen kriegt man selten. @ Tücken beim Fahrkartenkauf: immer wieder interessant, wie unterschiedlich das in den verschiedenen Städten gehandhabt wird. Von krass einfach bis krass kompliziert! In Hongkong zum Beispiel war das Bedienen des Automaten ein Kinderspiel, trotz fehlender Sprachkenntnisse und nur rudimentären Erklärungen auf englisch. Die Piktogramme und andere grafische Darstellungen waren einfach selbsterklärend. St. Petersburg ist da offenbar noch nicht der große Wurf gelungen. Das mit den automatischen Türen an den Bahnsteigen kenne ich auch aus manchen Städten im Ausland. Sollte auch hierzulande Schule machen.
Dein Hotel war ja offenbar eine gute Wahl. Und ja: Tapete und Fliesen können polarisieren 😅. Die Treppenstufen sind klasse!
Was für eine Pracht in dieser Stadt! Ich kann gar nicht sagen, welches der Gebäude da mein Favorit wäre. Eines schöner als das andere. Die Blutkirche macht trotz des Gerüstes einen tollen Eindruck. Auf meiner Liste steht St. Petersburg ja auch schon etwas länger. Mal schauen, wann es was wird. Deine Fotos machen jedenfalls Lust darauf, nicht mehr allzu lange damit zu warten.
Ja, blöd, dass ihr zu spät zum Konzert gekommen seid. Aber damit, dass man nicht bis direkt vor die Arena fahren kann, kann man ja auch nicht rechnen. Wie gut, dass euch das Konzert „entschädigt“ hat für den Stress im Vorfeld.
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Die Ticketautomaten waren ja sogar auch auf Deutsch und auch relative verständlich. Es kam eben nur kein Ticket raus.😅
Das Hotel war wirklich sehr gut, würde ich wieder buchen. Die Treppen waren der Knaller!
Schön, dass ich dich mal wieder mit einem Ziel anfixen konnte.😂 Dass ich da auch nochmal hin muss, steht fest.
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Rammstein ist nun nicht gerade mein Ding, aber die Eindrücke von deiner Reise und die supertollen Bilder lassen erahnen, welch ganz besondere Ausstrahlung diese Stadt ausübt. Ich wollt, ich wär frei !!
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Danke!😘 Denk dran, du lebst nur einmal. Gibt sogar einen Campingplatz in der Stadt: http://campingaurora.com.😉
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