Tag 2: Wir machten uns ziemlich früh auf den Weg, ich glaube es war ziemlich genau 8 Uhr morgens. Tja, mit Kleinkind beginnt der Tag etwas eher, auch im Urlaub. Wir spazierten zuerst längs über den Rossio und dann die große Einkaufsstraße entlang bis zum Elevador de Santa Justa. Dieser 37 m hohe Stahl-Fahrstuhl ist schon seit 115 Jahren in Betrieb und verbindet die Unterstadt Baixa mit der Oberstadt Chiado. Sehr beeindruckendes Gebilde!
Da die Aussichtsplattform erst um 9 Uhr öffnet, gingen wir erstmal weiter geradeaus bis zum Platz Praça do Comércio und dann direkt bis ans Ufer des Tejo zum Cais das Colunas, einer Art Anlegestelle mit Treppenstufen, die in den Fluß führen, netten steinernen Sitzbänken und einer fantastischen Aussicht auf die Ponte 25 de Abril. Dieser drittgrößten Hängebrücke der Welt sagt man eine schwer widerlegbare Ähnlichkeit zur Golden Gate Bridge nach, allerdings wohl nur auf Grund der Farbe des Anstrichs. Die Pylone sind anders konstruiert und das eigentliche Vorbild war wohl die San Francisco Bay Bridge. Als Schwesternbrücke wird noch die Fourth Road Bridge in Edinburgh benannt. Wieder was gelernt.
Wir spazierten ein Stück in Richtung Fährterminal, wo zwei riesige Kreuzfahrtschiffe angelegt hatten. Das Klima war herrlich. Angenehme 22 Grad und eine frische Brise. Als ich die Kathedrale erspähte, bogen wir wieder ab in die Stadt und wühlten uns durch die kleinen Kopfsteinpflastergassen zur Kirche hoch. Wohl dem, der in Lissabon keinen Kinderwagen schieben muss. Die Treppen wurden gerade gewischt und Einlass war erst ab 9 Uhr. Ich werde nie verstehen, warum jemanden der Zutritt zu einem Gotteshaus verwehrt wird. Soll das nicht immer und für jeden zugänglich sein? Egal. Wir bewunderten ein paar vorbeifahrende Trams der berühmten Linie 28. Sie waren alle proppenvoll und so verabschiedeten wir uns bereits da von dem Plan, damit fahren zu wollen. Mika und ich machten dann die Kathedrale unsicher. Als Begleitung hatten wir eine Busladung Touristen, die just in diesem Moment dort abgeladen wurden. Ja, das Innere war schon nett, aber ich habe schon zahlreiche schönere Kathedralen gesehen.
Wir machten uns wieder auf den Weg zum Santa Justa und gesellten uns in die bereits entstandene Schlange. Vor uns ein paar Süddeutsche, hinter mir Sachsen. 10 Minuten später ging es mit einer der beiden alten maximal 25 Personen fassenden Kabinen in gemächlichem Tempo nach oben. Mit zittrigen Knien schoss ich ein paar Fotos und versuchte die Aussicht zu genießen. Der Ausblick war bombastisch. Lissabon ist schon eine wunderschöne Stadt. Der Blick über hunderte rote Dächer hinüber zum noch viel höher gelegenen Castelo de São Jorge und der Alfama, dem ältesten Stadtviertel der Stadt, ist einfach nur berauschend.
Nachdem wir uns satt gesehen hatten, spazierten wir weiter zum Platz vorm Archäologischen Museum. Dort pausierten wir ein Weilchen auf einer Bank unter schattigen Bäumen. Das haben die Südländer echt drauf…überall gibt es diese kleinen idyllischen Plaza’s die zum Verweilen und „Leute gucken“ einladen. Merkwürdig, dass dieser Stadtteil soviel höher liegt. Ich versuchte mir die Häuser wegzudenken und sah eine steile hohe Klippe vor mir. Total verrückt. Wir schlenderten weiter bis zum Miradouro de São Pedro de Alcântara. Hier bot sich uns ein weiterer grandioser Ausblick auf die Stadt. Traumhaft schön! Wir aßen in einem Cafè auf dem Miradouro Hot Dogs und ich probierte trotz der skeptischen Nachfrage des Kellners einen Miradouro Ice Coffee. Er war in der Tat ziemlich außergewöhnlich. Mehr verrate ich nicht. Mika bekam eine Hot Chocolate und hier ist der Name auch Programm. Es war tatsächlich pure zerlassene dickflüssige Schokolade mit einer großen Sahnehaube. Einfach nur lecker!
Als Schmankerl fuhren wir mit dem neben dem Aussichtsplatz liegenden alten Elevator de Glória den steilen Berg hinunter. Es ist die älteste der drei Standseilbahnen Lissabons. Die Fahrt hätte uns theoretisch 3,60€ gekostet, aber eine Schweizerin schenkte uns ihr nicht entwertetes Hin- und Rückfahrticket, sodass wir drei kostenlos fuhren. Für Mika war es ein tolles Event, für uns einfach nur nützlich. Wir kamen direkt am Restauradoro heraus, den wir nur noch überqueren mussten und zurück beim Apartment waren.
Wir machten Pause im südländischen Stil und gammelten bis 17:30 Uhr im Zimmer herum. Nachdem Tobi einen Supermarkt in der Nähe ausfindig gemacht hatte, gab es zum späten Mittagessen gebratene Nudeln mit Ei und Speck. Das Thermometer draußen kletterte auf über 30 Grad. Das Fieberthermometer von Mika leider auf über 40. 😦 Wir vermuteten, dass er sich bereits in Berlin im Bus oder am Flughafen irgendwo einen Virusinfekt geholt hat. Glücklicherweise wirkt Fiebersaft bei ihm immer sehr schnell und hat eine aufputschende Wirkung, sodass er gegen Abend wieder relativ fit war. Wir entschlossen uns, mit dem Auto nach Belem zu fahren und dem Torre de Belem einen Besuch abzustatten. Dieser alte kleine hübsche Tower deutete den Seefahrern den Weg vom Atlantik in die Flussmündung des Tejo und fungierte sowohl als Leuchtturm als auch zum Schutz vor feindlichen Schiffen. Wir waren zum Sonnenuntergang dort, genossen ein Eis sowie die abendliche Stimmung und spazierten am Flussufer entlang bis zum Padrão dos Descobrimentos, dem Denkmal der Entdeckungen, dass zu meinem Leidwesen gerade restauriert wird und deshalb komplett eingerüstet war. Es wurde 1960 Heinrich dem Seefahrer zu dessen 500. Todestag gewidmet und enthält an den Außenseiten über 30 Gebilde von berühmten portugiesischen Persönlichkeiten.
Parken ist dort am Fluss im Übrigen kostenlos und es scheint ein beliebter Übernachtungsort von Wohnmobilreisenden zu sein. Nachdem wir genug frische Seeluft geschnuppert haben, machten wir uns auf den beschwerlichen Weg zurück zum Hotel. Beschwerlich deshalb, weil Lissabon fast nur aus Einbahnstraßen zu bestehen scheint. Aber 30 Minuten später hatten wir auch das gemeistert und ließen den Abend ruhig ausklingen.