Heute war es dann soweit, es ging endlich zur Großen Mauer und somit näherten wir uns auch langsam dem Ende der Reise. Letztendlich ist die Zeit wie im Flug vergangen – Shanghai liegt gefühlt schon Monate zurück.
Vor der Mauer hatten wir allerdings noch den Sommerpalast auf dem Plan und als ich im Reiseführer sah, wie groß das Gelände ist, wurde mir schon wieder ganz übel. 😉 Ich kann aber schon mal vorweg nehmen, dass es letzten Endes doch nicht groß genug war…für die heutigen 125.000 Besucher. Hehe. Also gut, nach einem wiederholt äußerst leckerem Frühstück (da kommt echt kein anderes ran!), ging es 09:30 wieder in den Bus und zum Yihe Yuan, 10 km nordwestlich von Beijing. Er diente den Kaisern der Qing-Dynastie im stickig heißen Sommer als Rückzugsort aus der Verbotenen Stadt. Der Sommerpalast ist ca. 250-300 Jahre alt. Die Kaiserwitwe Cixi ließ ihn jeweils 1860 und 1902 umbauen. Cixi (1835-1908) gilt im Übrigen als eine der mächtigsten Frauen Chinas. Sie war Konkubine des Kaisers Xianfeng und schenkte ihm einen Sohn, den späteren Kaiser Tongzhi. Später übernahm sie sogar die Regentschaft sowohl für ihren Sohn als auch für ihren Neffen, den Kaiser Guangxu. Sie unterstütze den Boxeraufstand (Boxer = ausländerfeindliche Rebellen Nordchinas) und trug somit zum Ende der Qing-Dynastie 1911 bei. Aber zurück zum Gelände. Es umfasst 290 Hektar und drei Seen (Kunming See, Westsee, Südsee). Wir betraten es durch das östliche Palasttor, den Haupteingang. Bereits dort waren schon Menschen über Menschen zu sehen. Die Halle des Wohlwollens und der Langlebigkeit mit Cixi’s Thron schenkten wir uns daher schon. Aber es war eh kein rankommen. Stattdessen absolvierten wir mit Inken und Bernhard auf einer kleinen vorgelagerten Mini-Insel ein kleines Lorelei-Fotoshooting, schön aalend auf einem Felsen. 😉 Danach ging es am Ufer entlang weiter zum „Langen Korridor“. Man stelle sich einen ca. 2 m breiten Weg direkt am Ufer des Sees vor – links vom Wasser, rechts von einer Mauer begrenzt…und dann bitte noch die Tausenden von Chinesen (und uns), die alle exakt diesen schmalen Gang nehmen müssen. Ich kann es nicht beschreiben! Es ging ewig nur im Schneckentempo voran. Ich versuchte hinter Peter (groß, breiter Rücken) zu bleiben, damit er mir den Weg bahnt, aber ich wurde irgendwann abgedrängt. Jana war dann auch irgendwann nicht mehr neben, sondern 10 m hinter mir. Wir kämpften uns langsam aber sicher zum 728 m langen Wandelgang vor. Dort konnte man an der Decke, wenn man denn wollte, rd. 14.000 Malereien bewundern. Es sah wirklich hübsch aus, doch den Nerv zum Bestaunen hatten wir einfach nicht mehr. Wir wollten eigentlich nur noch zum vereinbarten Treffpunkt am Marmorboot. Unterwegs kaufte sich Jana noch eine Tüte Nussgebäck und ich mir für 8 Yuan eine Art chinesischen Hotdog mit einer merkwürdig rot aussehenden Wurst mit einem Kuchenbrötchen ummantelt am Spieß…die Hälfte landete im Papierkorb. Der Korridor schlängelte sich entlang des gesamten Kunming-Ufers und man konnte von unten den Berg der Langlebigkeit mit dem Turm des Buddha-Weihrauchs obenauf betrachten. Dahinter war der Tempel des Meeres der Weisheit zu sehen. Beide sehr beeindruckend und verdammt hoch. Glücklicherweise mussten wir nicht rauf, denn auf den steilen Treppen stapelten sich schon die Menschen. Wir liefen bis zum Pier, wo auch Cixi’s Marmorboot lag. Sie ließ diese kostenintensive Spielerei von Geld erbauen, das eigentlich für die Restaurierung der kaiserlichen Flotte gedacht war. Aber hey, man gönnt sich ja sonst nichts. Nun fragt ihr euch vielleicht auch, wie ein Marmorboot schwimmen kann. Kann’s nicht. Es besteht nämlich aus Holz und ist nur mit Marmorfarbe bemalt worden. Ich muss aber sagen, dass es täuschend echt aussieht. Und das Boot an sich ist auch wirklich sehr hübsch. Am Pier, oder besser gesagt schon im Bus, entschieden wir uns dazu den Rückweg mit einem Drachenboot zurückzulegen. Um nichts in der Welt wollten wir durch die Menschenmassen zurück. Wahrscheinlich wäre das gegen den Strom sowieso nichts geworden. Wir fuhren also quer über den Kunming See zurück zum Palasttor und verließen gegen Mittag das Gelände. Allerdings muss ich noch den dortigen Toilettenbesuch erwähnen. Sowas habt ihr noch nicht erlebt! Diesmal habe ich auch endlich mal ein Foto gemacht (ich ärgere mich immer noch, dass ich keine der tollen Klostertoiletten oder die am Yamdrok See fotografiert habe). Denkt mal an Sommerschlussverkauf und wie sich die Menschenmassen vor den Kaufhaustüren drängen…und nun ersetzt die Kaufhaustüren durch die einzelnen Klotüren. Haha. Es war ein Brüller. Den Bus fanden wir dann wieder recht schnell, da staune ich jedes Mal auf’s Neue, und auf ging es nach Badaling. Diese restaurierte Ming-Befestigungsanlage von 1505 ist einer der meistbesuchten Mauerabschnitte. Er bietet eine atemberaubende Aussicht auf die Große Mauer (The Great Wall oder auch Chang Cheng) inkl. ihrer Wachtürme, die sich hier durch hohes Hügelland von Ost nach West schlängelt. Beim Bau, der im 7. Jhd. vor Chr. und nach der Einigung Chinas durch Qin Shi Huangdi begann, nutzte man damals die natürlichen Begebenheiten und daher verläuft sie fast ausschließlich auf Graten und Bergrücken. Von den Zinnen aus konnte man gut auf Angreifer schießen und die Wachtürme stehen exakt zwei Pfeillängen auseinander, sodass kein Mauerabschnitt ungeschützt blieb. Verständigt wurde sich durch Rauchzeichen, Signalfeuer, Trommeln, Flaggen und auch Glocken. Man kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass sich dieses monumentale Bauwerk 6000 km lang durch Wüsten, Berge und Ebenen schlängeln soll…nach neuesten Berechnungen ja sogar 8800 km. Hierbei sind aber nur die intakten Abschnitte gemeint, insgesamt besitzt die Mauer inkl. natürlicher Barrieren laut dem chinesischem Amt für Kulturerbe eine Gesamtlänge von ca. 21.000 km. Oha! Leider besaß sie letztendlich doch nicht die erhoffte Effektivität. Im 13. Jhd. durchbrachen sie die Mongolen (wir erinnern uns: Dschingis Khan eroberte Peking) und im 17. Jhd. die Mandschu. Wobei ich mir, zumindest bei den Teilen, die ich gesehen habe, wirklich nur sehr schwer vorstellen kann, wie man mit einem Pferd überhaupt bis an die Mauer herankam. Die war sauhoch und super steil…die armen Pferde! Aktuell können auch nur vier Abschnitte von Touristen besichtigt werden. Allerdings frage ich mich, wie man es verhindern will, dass sonst Niemand auf den Tausenden Kilometern Mauer entlang spaziert. Aber gut, zurück zur Reise. Wir hielten unterwegs noch in einem überdimensionalen Touristenrestaurant, wo scheinbar mit Millionen von Gästen gerechnet wird. Von dieser Sorte soll es drei Stück geben und der Besitzer ist Millionär. Im unteren Bereich ist ein riesiger Touri-Shop, wo aber glaube niemand von uns etwas gekauft hat. Die Qualität war auch eher bedenklich. Gott sei Dank waren wir nicht zur Mittagszeit dort, sondern kurz danach. Die Massen hielten sich in Grenzen…die waren alle schon auf der Mauer und warteten dort auf uns, haha. Das Essen war sehr touristisch und hat den meisten von uns daher nicht geschmeckt und jeder hat darüber gemeckert. Ich nicht, ich glaube ich war die Einzige, der es halbwegs gut geschmeckt hat…endlich mal nix Scharfes. 🙂 So ca. 15:00 sind wir dann weiter gefahren und kamen glücklicherweise von einem Stau zum nächsten. Endlich war er mal da, wenn man ihn braucht. Wir hatten nämlich Angst, dass wir den laut Reiseverlauf angekündigten Sonnenuntergang nicht erleben, weil wir zu früh da sind. Am Vorabend hatte Shuwen so etwas in der Art angekündigt und wir waren entsprechend angesäuert. Aber wie schon gesagt gab es ja Stau. 😉 So kam es, dass wir ca. 16:30 dort ankamen. Unterwegs fuhren wir schon eine ganze Weile an der Mauer und auch an der Strecke der transsibirischen Eisenbahn entlang. Die Mauer war weit über unseren Köpfen hoch oben auf scheinbar schmalen Graten. Sie war teilweise so steil, dass ich mich gefragt habe, wie man noch aufrecht laufen kann. Wir sahen allerdings auch Leute, die die Treppen auf allen vieren empor krochen. 😉 Der Hammer! Etwas mulmig war uns dann schon zumute. Dank Shuwen’s Beziehungen durfte unser Bus bis zum oberen Parkplatz fahren…Gott sei Dank, denn der Weg war ganz schön weit und steil. Von dort aus waren es nur noch knapp 10 Minuten bis zum Eingang. Wir trauten unseren Augen nicht! Menschenmassen ohne Ende! Also ich verstehe China-Tours einfach nicht. Die legen die Septemberreise jedes Jahr wieder so, dass die letzte Woche auf die Nationalfeiertagswoche fällt. Wieso denn bloß? Das bedeutet doch nur Ärger und Stress für uns Reiseteilnehmer. Und Shuwen hat dadurch auch mehr Organisationsprobleme als nötig wäre. Ich kapier’s nicht! Und wütend macht mich das auch etwas. Zitat von der Website: „Gegen den Touristenstrom fahren wir dann weiter zur Großen Mauer, die in den Nachmittagsstunden ruhig daliegt.“ Aaahahaha, guter Witz. Was soll’s, wir nahmen es halt hin…immerhin waren wir auf der Großen Mauer!!! Und die Massen konnten die Imposanz dieses Bauwerks nicht trüben. Und wer erlebt die Mauer schon zusammen mit Millionen von Chinesen? 😉 Wir gingen erst zu einer Art Plattform auf der Mauer, wo wir alle zusammen mit roten „The Great Wall“ – Wein anstießen und ein Gruppenfoto machten. Leider ohne Renate und Meinhard, die wir unterwegs im Trubel verloren hatten. Danach folgte eine kleine Fotosession und Jana und ich stürzten uns in die Massen. Wir steuerten den Berg im Westen an, der schon teilweise im Schatten lag. Dahinter ging die Sonne unter und die schien noch auf den östlichen Teil der Mauer und warf sie in ein fantastisches Abendsonnenlicht. Wir wanderten bis zum dritten Wachturm, ich noch fast bis zum vierten, aber dann wurde es so steil, dass man fast die Hände zu Hilfe nehmen musste und daher kehrte ich dann auch wieder um. Man muss es ja nicht übertreiben. 🙂 Wow, was war das für ein Anblick von da oben. Wir sahen auf ein Mauerstück mit mindestens 8 Wachtürmen im Zickzack (die 5 auf unserer Seite nicht mitgezählt). Das Licht war hervorragend. Die Massen lichteten sich auch etwas, wenn auch nur minimal. Die Zeit verging durch das viele Fotoschießen wie im Flug und sobald die Sonne weg war, wurde es auch ziemlich schnell frisch. Wir gingen zurück zum Coffee-Shop, wo wir uns in 30 Min. wieder treffen wollten. Vorher kaufte ich mir natürlich noch einen Magneten…hart von 45 auf 30 Yuan runtergehandelt. Im Coffee-Shop saß schon Shuwen mit einem Tee. Wir pflanzten uns dazu und ich trank eine Art Milch-Bubble-Tea…sehr ungewöhnlich, aber auch sehr lecker. Er zeigte auch etwas später seine Wirkung. Vielleicht sollte ich mich doch mal auf eine Laktose-Intoleranz testen lassen, irgendwas stimmt da nicht. 😉 Nachdem alle wieder eingetrudelt waren und wir noch ein paar Fotos von der beleuchteten Mauer, die jetzt im völligen Dunkel lag, gemacht haben, gingen wir zum Bus zurück. Auf dem Weg kam uns ein Kamel entgegen…das war schon etwas bizarr. Die Fahrt zurück dauerte ein bisschen, doch wir waren nun sehr viel schneller unterwegs, weil der Verkehr weniger wurde. Wir fuhren in Peking noch zur Olympiastadt, am Vogelnest und der olympischen Schwimmhalle sowie an unzähligen toll angeleuchteten Wolkenkratzern vorbei. Alles war wundervoll beleuchtet. Am Himmel ließen die Menschen sogar beleuchtete Drachen steigen…das sah total faszinierend aus. So etwas haben wir noch nie gesehen. Echt klasse. Da aber niemand Lust hatte auszusteigen (auch dort waren noch Massen an Leute unterwegs), fuhren wir direkt weiter zum Hotel, wo wir spätestens 20:30 ankamen. Was waren wir platt. Ich weiß auch gar nicht mehr, ob wir noch irgendwas gemacht hatten. Ich glaube, wir sind nur noch ins Bett gefallen und haben es genossen, mal keinen Koffer zu packen und am nächsten Morgen keine Termine zu haben. 😉