Tag 6: Nach dem Frühstück ging es gleich los zum Gemüse- und Fleischmarkt, ca. 10 Min. fußläufig vom Hotel entfernt. Man, wat war das voll dort. Wir hatten von 08:35 bis 09:15 Zeit selbst durchzuschlendern, Shuwen warnte uns aber schon gestern im Bus vor der Fleischhalle. Die Obst- und Gemüsehalle war sehr interessant…auch was die Gerüche angeht (würg). Dort gab es aber auch Reis und Gewürze. Faszinierend war teilweise die Größe von z.B. Möhren. Am Eingang der Fleischhalle überlegte ich kurz, ging dann aber doch nicht weiter, als ich am anderen Ende aufgehangene Fleischgerippe vom Hund hängen sah. Das Fleisch soll angeblich übrigens wie Büffelfleisch schmecken. Shuwen isst kein Hundefleisch und weiß daher nicht, ob es wirklich stimmt. Es werden auch nur bestimmte Rassen gegessen, andere sind ganz normale Haustiere. Als sie dann noch einen Käfig voller eng aneinander gequetschten Enten an mir vorbei karrten war es ganz vorbei, da bin ich dann raus.
Einige erzählten dann noch, dass es weiter hinten viele lebende Tiere gab (so auch Hunde und Katzen), die dort vor Ort rasiert und geschlachtet werden. Also mal ehrlich…von mir aus kann ja jeder essen und trinken, was er will, aber bitte, bitte kein vorheriges Gequäle der Tiere. Und kein Tier, sei es auch „nur“ eine Ente, die auf so einem Markt Todesängste durchlebt, hat das verdient. Und der Mensch hat kein Recht dazu! Das gilt natürlich auch für Deutschlands Massentierhaltung. Ich denke da muss sich jedes Land selbst an die Nase fassen. Sorry, ich reg mich schon wieder auf, also zurück zum Thema.
Nach dem Marktbesuch wurden wir dort vom Bus abgeholt und unsere Fahrt nach Longsheng begann. Im Bus erzählte Shuwen wieder einige interessante Sachen, von denen ich mir nur nicht immer so viel merken kann. Zum Bsp. erklärte sie das Yin & Yang. Alles ist aufgeteilt. Die Pampelmuse gehört zum Yin, dem Weiblichen und eher schlechten Teil. Die Mango aber ist Yang, also männlich und gut (naja). Verstanden habe ich das Zuordnungsprinzip noch nicht. Man wird aber krank, wenn man beim Essen mehr Yin als Yang isst oder umgekehrt. Beides muss immer im Gleichgewicht sein. Wir fuhren auch an einer Tigerfarm vorbei, in der es bereits über 1500 Tiger gibt. Ihr könnt euch denken, wofür so eine Farm ist. Tigerblut und Tigerknochen werden eben medizinische Vorteile nachgesagt. Unglaublich, dass sowas immer noch erlaubt ist, obwohl es doch eine gefährdete Rasse ist. Laut Shuwen gibt’s dort auch weiße Bären (nein, keine Eisbären), aber was und wofür die sind, habe ich nicht verstanden. Muss das erstmal googeln. Man kann nur hoffen, dass die Generation, die noch an sowas glaubt und festhält irgendwann ausstirbt. Man merkt aber schon, dass ein Umdenken stattfindet, aber es braucht seine Zeit. Gleich hinter Yangshuo stoppten wir nochmal für ein schönes Karstkegelberge-Foto.
Die Karstformationen entstehen übrigens durch Erosion des porösen alkalihaltigen Kalksteins hier in Südwestchina. Durch das feuchtwarme Klima und den sauren Regen verwittert alles noch schneller und daher gibt’s hier Gegenden mit Tausenden dieser grandiosen Karstformationen. Das aus der Qin-Ära stammende Guilin ist bekannt für seine bis zu 200 m hohen Karstkegel, die sich mitten über die Stadt ausbreiten Die Berge spiegelten sich im Wasser…sehr schön. Wir zogen das Programm von morgen vor und fuhren heute schon nach Guilin. Dort spazierten wir ca. 1 Stunde am See mit den zwei wunderschönen Pagoden Riyue Shuang Ta entlang und Shuwen erzählte wieder ein bisschen vom General, dem 800 Jahre alten Banyan-Baum, dem alten Südtor Gu Nan Men (einziger Überrest der alten Stadtmauer aus der Ming-Zeit) – aber das interessiert euch sicher nicht so. Schade, dass wir nicht abends dort sind. Die Pagoden sollen laut Internet herrlich beleuchtet sein und am Ufer steppt der Bär. Chinesen tanzen unglaublich gerne auf der Strasse. In Shanghai haben wir Line-Dance und Tango und in Guilin einen Fächertanz gesehen.
Von 12:45 bis 13:15 waren wir dann am Fubo Berg in Guilin. Der gelbgraue Fels ragt aus dem Fubo Shan Fluss (Seitenarm des Li) empor und wird auch wellenbesänftigender Berg genannt. Einige kraxelten rauf, andere blieben unten. Ich auch. Ich spazierte mit Meinhard und Renate durch die Höhle und am Fuß des Bergs lang, der direkt am Li Fluss steht.
Ich war etwas eher durch und setzte mich zu Shuweng. Keine Minute später kam schon ein Chinese und fing an einen Scherenschnitt von meinem Profil zu machen. Ich konnte ihn nicht aufhalten und wurde daher 10 Yuan los. Das Bild war dann aber der Renner und sowohl Jana als auch Andreas und Claudia ließen sich noch eins machen. Das Ergebnis war gar nicht so übel. 13:30 ging es weiter. Im Bus erzählte Shuwen dann noch vom Heiraten und der 1-Kind-Politik. Weiße Brautkleider bringen zum Bsp. Unglück, rote dagegen Glück. Ich habe in Guilin beides fotografieren können, also setzt sich diese Tradition wohl nicht unbedingt ganz strikt fort. Weiß ist aber generell nicht gern gesehen. Auf dem Land ist es sogar verpönt, mit weißen Schuhen zu einer Familie zu Besuch zu gehen. Mit der Familienplanung ist das auch nicht so einfach. Mit 28 Jahren gilt eine unverheiratete Frau als „übrige Frau“, also eher unangesehen (wenn die wüssten, wie das bei uns ist). Allerdings sind diese Frauen auch meistens sehr gut gebildet wegen der langen Ausbildung und sehr wählerisch was den Ehemann angeht. So kommt es, dass auch erst sehr spät geheiratet wird. Wenn man dann ein Kind möchte, muss man zur Familienplanungsbehörde, um sich die Erlaubnis dafür zu holen. Erst wenn man das Schreiben mit Stempel hat, kann man das Kind in einem Krankenhaus bekommen. Macht man es unerlaubt oder bekommt illegal mehr Kinder, kann die Strafe bis zu 800.000 Yuan kosten, das ist aber abhängig vom Einkommen. Mehrlingsgeburten sind übrigens ausgenommen und völlig legal. Das wird aber auch missbraucht. Wenn man nämlich Beziehungen hat und einen Schein vom Krankenhaus über eine Zwillingsgeburt erhält, dann kann man sich noch ein zweites Kind „besorgen“ oder daheim bekommen und bekommt dafür legale Ausweise. Dass das eine Kind dann 3 und das andere 5 ist, interessiert dann wohl niemanden mehr. Klingt komisch, ist aber so. Und wenn die Frau als 1. Kind schon einen Sohn hat, dann muss sie definitiv eine Strafe zahlen. Bei Mädchen macht man wohl oft Ausnahmen und genehmigt noch einen Sohn, damit der Stammbaum weiter geführt werden kann. Kann die Frau aber nicht zahlen, wird sie abgeführt und zu einer Abtreibungsstelle gebracht. Krass, oder? Geht sie damit zur Presse wird sie als Vaterlandsverräterin beschimpft. Ach und noch was interessantes: hier in China ist 8 eine Glückszahl. Nummernschilder mit Achten kosten z.B. extrem viel mehr als andere, da sie Reichtum bringen sollen. Die Zahl 4 hingegen bringt Pech, oftmals gibt es kein 4. Stockwerk in Hochhäusern (ähnlich unserer 13). 15:30 mussten wir in einen kleineren Bus umsteigen (vorher genossen wir die Harmoniehalle mit wohlriechenden Hocktoiletten), da von da an die Fahrt zu den Reisterrassen kostenpflichtig war. Die Fahrt war irre…schmale Strassen, tiefe Schluchten und kaum Leitplanken. Mir sackte mehrmals das Herz in die Hose. Ich hasse solche Serpentinen. Gegen 16:45 waren wir da und kamen kaum aus dem Bus. Vor der Tür drängelten sich die schwarz-pink gekleideten Frauen der Yao-Minderheit, die hier leben. Sie hielten alle Körbe nach oben, wo wir unsere Rucksäcke reintun sollten. Es gab eine richtig derbe Rangelei, bis der Busfahrer ein Machtwort sprach. Im Prinzip hatte man auch keine Wahl…man musste den Rucksack in einen Korb tun. Die laufen sonst solange hinterher und nerven auf chinesisch, bis man es freiwillig macht. Die meisten von uns mussten sie aber eh nicht lange bitten.
Und schon ging es los. Gleich nachdem wir ein kleines idyllisches Brückchen überquert hatten, kamen auch schon die ersten Treppenstufen zum Vorschein. Das Gekraxel war die Hölle! Der ganze Weg bestand eigentlich nur aus Treppenstufen, mal flach, mal sehr hoch. Und der Anstieg war im 45 Grad Winkel. Ich kann’s nicht weiter beschreiben, es war einfach nur schlimm. Die tolle Landschaft konnte ich auf Grund meiner Erschöpfung und Atemnot kaum genießen. Mein Kreislauf machte zwischendurch einige Male schlapp und ich musste mich setzen. Stellt euch einfach vor, ihr seid in einer Sauna auf dem Stepper…das ist wohl annähernd vergleichbar.
Im Nachhinein muss ich natürlich sagen, dass die Ausblicke einfach sagenhaft und wunderschön waren. Bei schönem Wetter muss es unbeschreiblich sein. Ich wünschte, ich hätte schon beim Aufstieg ein Auge dafür haben können.
Wir kamen unterschiedlich an. Die Ersten 17:30, die Letzten (Shuwen und ich) 18:30. Ich war völlig durchnässt. Oben angekommen war es wie im tropischen Regenwald und es nieselte die ganze Zeit. Guilin hat es wettertechnisch nicht gut mit uns gemeint. Alles war vernebelt und feucht dunstig. Ich war völlig platt und wollte nur noch duschen. Der Gedanke wäre mir nicht gekommen, wenn ich das Zimmer vorher gesehen hätte. Das 2-stöckige Guesthouse war einfach aus ein paar Brettern zusammengezimmert, nicht verputzt, verfugt oder der gleichen. Eigentlich hätten wir auch alle in einem Saal schlafen können, man hat eh alles über mehrere Zimmer hinweg verstanden. Das „Bad“ bestand aus einer Lochtoilette, einem Waschbecken und einem Loch in der Wand, was wohl ein Fenster war. Die Dielen knarrten, als würde man gleich nach unten durchrauschen. Warmes Wasser hatten wir nicht. Beim Haare waschen ist mir fast die Kopfhaut gefroren…eisige Gebirgsbachkälte war das. Aber nur die Harten kommen in den Garten, wa? Kennen wir ja. Wartet auf die Fotos und dann schreibt mal, ob ihr dort genächtigt hättet, hihi.
Nach einer Stunde gab’s Abendbrot und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Schnecken gegessen…ganze zwei Stück, ist nicht so meins. Schnapps gab’s auch wieder, von Horst spendiert. Dann war noch bis ca. Zehn plaudern angesagt. Mal draussen, mal drinnen. Das Klima war dann ganz angenehm. Vorm Haus war eine Betonterrasse mit zwei Tischen, um die wir saßen. Und davor direkt der Blick auf zahlreiche Reisterrassen, zumindest soviele wie der Nebel zuließ.
06:04 sollte Sonnenaufgang sein, also gingen wir alle relativ früh aufs Zimmer. Ich machte die ganze Nacht kein Auge zu. Entweder musste ich an Kakerlaken oder ähnliches denken oder es war so totenstill, dass es schon wieder gruselig war. Aber hauptsächlich war das Bett Schuld. Die „Matratze“ bestand aus einer Art Holzpalette mit einer Latte in Steißbeinhöhe. Ihr könnt euch vorstellen, wie bequem das ist. Nicht mal 10 Minuten habe ich zusammenhängend geschlafen. Schade. 5:57 klingelte der Wecker. Und was uns dann erwartete war der Hammer…