Tag 5: Das Doofe am früh zu Bett gehen ist, dass man natürlich auch wieder früh wach ist. Das mag in einem komfortablen Appartement angenehm sein, in einer ollen Schererhütte, gefangen in einem riesigen Moskitozelt, ist es eher ungünstig. Erst recht, wenn man nicht auf der Seite des Reißverschlusses liegt. So kam es also, dass ich bereits gegen 5 Uhr wach wurde und dann selbstverständlich auch zur Toilette musste. Die war bekanntlich im Haus nebenan. Long Story short – am Ende waren alle wach und stolperten, bewaffnet mit Taschenlampe, auf der stockdunklen Farm umher. Die Waschräume waren sauber und die Insekten hielten sich in Grenzen. Danach war nicht mehr an Schlaf zu denken und wir beschlossen, im Gemeinschaftsraum zu frühstücken. Unser einziger Gast: ein kleines Wallaby, dass die Küche sicher gerne mit uns geteilt hätte.
Die Fenster-/Türfront, die ihr auf dem Foto seht, gab es auf der gegenüberliegenden Seite nochmal und so konnten wir beim Frühstücken beobachten, wie langsam die Sonne aufging. Was für ein wundervolles Naturschauspiel! So etwas habe ich noch nicht gesehen! Ich schnappte mein Handy und spazierte ein bisschen über die Farm. Natürlich nicht allein! Meine kleinen schwarzen Freunde begleiteten mich in zigfacher Ausführung. Halleluja! Die Krönung des Ganzen: ein doppelter Regenbogen – da es ein wenig zu tröpfeln begann. Schaut euch die Bilder an! Da ist nichts bearbeitet. Es war wirklich sowas von rot dort, der Wahnsinn!
Leider ließ es sich ohne Kopfnetz kaum draußen aushalten. Die Fliegen waren eine unglaubliche Plage. Ich nahm die Beine in die Hand und machte noch einige Schnappschüsse von der Farm. Hier seht ihr unsere Schererhütte (unser Zimmer war in der Mitte), unser Auto hinter der kleinen Küche, in der sich noch ein Barbecue-Grill und auch nochmal einige Kochutensilien befinden und die Terrasse unserer Hütte in Nahaufnahme.
Das Wasserfass steht direkt neben dem Waschraum (siehe großes Bild – man könnte meinen, es ist der Goldtopf am Ende des Regenbogens). Der Weg trennt die Waschräume von unserer Hütte. Tobi meinte, ich solle mal hinter das Haus schauen. Und siehe da, eine Schafherde, die frei und ungestört über die Farm lief. Als sie mich erblickten, begann ein großer RUN und weg waren sie. Verstehe ich gar nicht!
Die andere Hütte gehörte einer Mitarbeiterin der Farm, die dort lebt. Im Aufenthaltsraum seht ihr meine beiden Männer beim Tischtennis spielen. Wir warfen unsere sieben Sachen ins Auto und wollten uns beim Shop verabschieden. Es war aber niemand zu sehen. Nicht mal unser Freund „Gumboot“, der Farmhund.
Punkt 7:10 Uhr verließen wir die Mt. Ive Station. Wir hatten etwas Bedenken, dass der Regen stärker werden könnte und die Straßen dann nicht mehr passierbar wären. Ihr erinnert euch: kein 4WD! Aber unsere Befürchtungen lösten sich in Luft auf. Die Wolken zogen weiter und es blieb trocken. Ich erinnere mich an die endlose rote Gravel Road, die unberührte Weite und die Stille! Es machte so viel Spaß dort entlang zu fahren. Rückblickend betrachtet war dies die tollste Strecke unseres gesamten Roadtrips!
Wir sahen mehrere Kängurus, aber dieses hier war der Knaller. Schaut euch dieses mürrische Gesicht an, das schief gelegte Ohr und der skeptische Blick zurück! Einfach großartig!
Einige Stunden später – wir haben keine Menschenseele oder gar Anzeichen von Zivilisation gesehen – erreichten wir den Gawler Ranges Nationalpark. Unweit des Schildes machte es sich eine Schar Kakadus gemütlich. Wunderschöne Vögel, aber sehr laut!
Kurz darauf kam eine Besucher-Infotafel, auf der einige Informationen und Bilder zu sehen waren und wo wir eine Karte des Parks in einer Metallkiste fanden. Das erleichterte das Finden der Abzweigungen zu sehenswerten Spots. Mit Schildern haben sie es hier im Outback nicht so. Der erste Plan sah vor, dass wir uns die Organ Pipes ansehen. Der Weg war zunächst gut zu erkennen, wurde dann aber immer abenteuerlicher und die Fliegen fraßen uns wieder halb auf. Ein entspannter Spaziergang ist etwas anderes. Wir kehrten daher auf halbem Weg um und kniffen uns die Orgelpfeifen.
Hier wieder ein hübsches flauschiges Känguru am Wegesrand, das uns mindestens genauso interessant fand wie umgekehrt. Es ist so schön, diese Tiere unbeschwert durch die unberührte Natur hoppeln zu sehen. Außer hin und wieder mal ein Auto mit Touristen passiert hier nichts. Möge es noch lange so bleiben!
Nicht viel später waren wir endlich da. Der Pildappa Rock, auch Little Ayers Rock oder Wave Rock genannt, kündigte sich schon von Weitem an. Viele Informationen findet man nicht über ihn, aber er ist mit seinen 1500 Millionen Jahren locker dreimal so alt wie der Uluru und im Gegensatz zu diesem aus Granit und nicht aus Sandstein. Aus diesem Grund ist der Uluru auch streng genommen kein Monolith und kein eigenständiger Gesteinskörper. Durch vulkanische Aktivitäten und Erosion des umliegenden Gesteins wurde der Pildappa Rock im Laufe der Zeit freigelegt und ähnelt auf dem ersten Blick der Frontansicht des Uluru. Betrachtet man ihn jedoch von oben und fährt einmal um ihn herum fällt auf, dass er eher die Form einer Hand hat, von der Mittel- und Ringfinger fehlen. Leider ist er so groß, dass ihn mein Objektiv nicht in Gänze ins Visier nehmen konnte. Im Übrigen hat auch der Uluru nicht die synchrone Brötchenform, die er auf vielen Fotos vermittelt, sondern sieht von oben betrachtet wie ein breiter Farbklecks aus.
Wir waren die Einzigen vor Ort und erkundeten daher ganz in Ruhe den riesigen Felsendom. Sowohl vom „Daumen“ als auch vom „kleinen Finger“ kann man den Pildappa Rock erklimmen. Wir entschieden uns für Ersteres und somit für die etwas steilere Variante. Oben war ein schönes Lüftchen, das dabei half, die Fliegen halbwegs auf Abstand zu halten. Ohne Netz ging es aber trotzdem nicht. Im unteren rechten Bild lässt sich die Größe des Inselbergs (so heißen die Granitmonolithen hier in Australien – klingt komisch, ist aber so) ganz gut erahnen, da unser Auto als Maßstabsvergleich dient.
Von oben hat man eine wunderbare 360-Grad-Aussicht auf das umliegende Farmland. Der Granit-Dom befindet sich schon fast wieder in der Zivilisation und nur 15 km von Minnipa entfernt. Durch Google Maps konnte ich drei Farmen in der näheren Umgebung ausmachen. Auf dem Felsen selbst kann man zahlreiche ‚Gnamma Holes‘ sehen – natürliche Wasserspeicher im Granitfelsen, die den Aborigines zur regelmäßigen Wasserversorgung dienten. Ähnliches findet man auch beim Uluru.
Die Ähnlichkeit mit einer versteinerten Welle hat übrigens in der Tat mit Wasser zu tun. Der Fels war früher von feuchtem Erdreich umgeben und erodierte deshalb nach innen. Die umliegende Erde wurde weggespült und zurück blieb nur noch der harte Fels.
Wir fuhren um den Inselberg herum und waren überrascht, dass er auf der Rückseite farblich ganz anders aussah. Schwarz-pinke Felswände, die am unteren Rand graue Witterungsspuren zeigten, die fast wie Wasserspritzer aussahen. Da gewinnt die Bezeichnung Wave-Rock nochmal richtig an Bedeutung. Die Rille, die man am Fuß erkennen kann, wurde von den ersten Siedlern erschaffen und das kostbare Wasser wurde in weitere Wasserspeicher umgeleitet.
Wer möchte, kann beim Pildappa Rock kostenlos übernachten. Es gibt mehrere saubere Campsites direkt am Rock, Mülleimer, Toilettenhäuschen und natürlich auch Barbecue-Gasgrills. Wir verzichteten und bahnten unseren Weg über die Gravel Road bis nach Minnipa. Von dort aus waren es über den Highway A1 (Eyre Highway) nur noch 45 km bis nach Wudinna, wo sich unsere Unterkunft befindet. Selbst auf dem kurzen Stück wurde der Weg gefühlt immer länger. Wie muss das erst sein, wenn man die kompletten 2388 km von Port Augusta nach Perth fährt? In der dazwischen liegenden Nullarbor Ebene befinden sich gleich zwei Superlative: die mit knapp 150 km längste schnurgerade Straße Australiens und die mit knapp 500 km längste gerade Bahnstrecke der Welt.
Nun ja, wir schafften unsere 45 km heute allerdings doch eher problemlos. Beim kurzen Boxenstop an der Bank in Wudinna stellte ich erfreut fest, dass es hier keine Fliegen gab. Auf den 20 Metern zum ATM und zurück keine einzige! Ich war im Himmel. Wir kauften noch ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt ein und fuhren zum „Wudinna Farm View“, dass wir gegen 14 Uhr erreichten. Wir waren früh dran, freuten uns aber auch auf einen entspannten halben Tag ohne Auto fahren. Ich hatte in der Bestätigungsmail von Booking leider überlesen, dass man vorab hätte bezahlen sollen, um den Code für den Schlüsselkasten unterm Carport zu erhalten. In Deutschland hätte ich dann wohl die A-Karte gehabt, nicht so aber im chilligen Australien. Die Tür war einfach offen und der Schlüssel lag auf dem Küchentresen neben dem Willkommensordner. Ich liebe die Aussies!
Wie sich herausstellte, hatte ich ein richtig glückliches Händchen bei dieser Buchung. Es handelte sich um einen privaten großen Bungalow mit einem fantastischen Appartement, das keine Wünsche offen ließ. Von einer komfortablen und sehr sauberen Einrichtung bis hin zu schnellem W-Lan und Wascheinrichtungen inklusive aller Utensilien war alles vorhanden. Wir sprangen alle fix unter die Dusche und dann in die sauberen bequemen Betten für ein gepflegtes Mittagschläfchen. Wir hatten zwei Schlafzimmer, sodass sich Tobi ungestört in den Schlaf schnarchen konnte.
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang gegen 17:45 Uhr waren wir wieder wach und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Die Vermieterin haben wir an diesem Abend nicht mehr gesehen.
Bei DEM Sonnenaufgang hat sich doch das „unfreiwillige“ frühe Aufstehen mehr als gelohnt. Der Wahnsinn! @ Schafflucht: Schererhütte plus unbekanntes Wesen auf zwei Beinen – und da wunderst du dich, dass die potenziellen Opfer die Flucht ergreifen 😅? Die Strecke, die ihr anschließend gefahren seid, war ja wirklich ein Traum. Kriege gerade wieder Fernweh nach dem Outback und seinen tollen Farben 😍. Das Känguru guckt ja wirklich fies. Was für ein missmutiger Geselle! Aber wenigstens hielt es still für die Fotos. Schade, dass ihr auf die Pipes buchstäblich gepfiffen habt. Aber wenn die Fliegen so penetrant sind, was willste machen? Der Wave Rock ist ja auch sehr sehenswert, auch seine dunkle „Rückseite“. Klasse, dass ihr den für euch alleine hattet. Wäre euch am Uluru eher nicht passiert! Obwohl ich mich entsinne, dass sich die Masse dort verdünnisierte, sobald es ans „Eingemachte“ ging, sprich die Umrundung zu Fuß anstand. Aber an dem offiziellen Aussichtspunkt ist echt die Hölle los. @ lässige Australier: Deshalb liebe auch ich sie so. Die Hütte am Zielort war ja echt schick 👍.
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Der Blick vom Känguru ist genial, oder?😂 Ist mir irgendwie total sympathisch! Na klar, hat sich das frühe Aufstehen gelohnt. Das tut es ja eigentlich fast immer und an diesem Morgen ganz besonders. Im Nachhinein erscheint es mir total unwirklich. @Schafflucht: da hast du wohl recht.🤣 Wegen der Pipes…wir hatten sie ja beim Lake Gairdner schon etwas bewundern dürfen, von daher konnten wir es ganz gut verschmerzen. Man muss nicht immer alles sehen.😊
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