Asien · China

Lhasa – Xian (Tibetbahn)

Tag 13/14: Heute früh gab’s wie immer Kopfschmerzen, aber die Pillen wirkten relativ schnell. Vielleicht war’s auch die Vorfreude auf die Zugfahrt ins sauerstoffreiche Xian. 08:15 mussten die Koffer vor die Tür, 09:00 war Check-Out. Wir duschten und gingen zum Frühstück. Toast mit Ei, mehr ist hier nicht drin, wenn man keine chinesischen warmen Speisen früh essen möchte. An der Rezeption bezahlte ich noch meine drei Wasser und wir beide unsere tibetischen Tabletten gegen die Höhenkrankheit (gab’s bei Ankunft im Zimmer). Ob sie irgendwas bewirkt haben, wissen wir natürlich nicht. Wir bekamen noch von Shuwen und Gelie unsere Zugtickets, die etwas Verwirrung auslösten. Shuwen meinte aber das sind noch nicht die richtigen Zuordnungen. Das machen wir dann im Zug vor Ort. 09:30 war Abfahrt. Die Fahrt zum Bahnhof dauerte ca. 20 Minuten. Auf dem Parkplatz passierten wir die erste Kontrolle. Wir wurden an einem Hund vorbeigewunken, der aber scheinbar gerade Pause hatte. Ein paar Meter weiter wurden wir und auch die Gepäckstücke durchleuchtet. Am Bahnhofseingang war erst eine Passkontrolle und kurz dahinter die Ticketkontrolle. Meine Fresse, was hier für ein Aufriss gemacht wird, bevor man den Zug erreicht. Wie einfach ist doch das Bahnfahren in Deutschland. Wir wurden in Warteraum 2 geleitet, wo wir noch ca. 45 Min. gewartet haben. Wir vertrieben die Zeit mit einem kurzen Bummel im angeschlossenen Supermarkt, wo ich mir noch diesen leckeren Milk Tea gekauft habe, den ich schon in Shanghai probiert hatte. Dann ertönte auch schon bald das Megaphon. Die Dame stand nur 4 m entfernt. Mir sind fast die Ohren abgefallen. Sie plapperte am laufenden Band immer das Gleiche und dann ging der Run los. Die Chinesen oder Tibeter, die einen Sitzplatz in der 3. Klasse gebucht hatten, stürmten wie von der Tarantel gestochen los. Die Waggons sind nicht sonderlich groß und die meisten hatten Gepäck bei sich, was untergebracht werden wollte. Dieses Gedrängel muss man erlebt haben. Wir haben es uns aus sicherer Entfernung angesehen und uns darüber amüsiert. Beim Zug angekommen, er erinnerte mich sehr an die alten DDR-Züge, suchten wir Waggon 6 und stiegen ein. Es gab ziemliches Chaos. Wir hatten Sitz 1 und 2, also im Abteil 1, aber da waren Georg und Lilo schon drin. Laut Shuwen sollten wir mit ihr und einem Chinesen ins Abteil 4, also zogen wir dorthin weiter. Blöd nur, dass da bereits zwei Chinesinnen drin waren und Shuwen war nicht dabei. Wir also alle zurückgedrängt, um zurück zum Abteil 1 zu kommen, und haben dort auf Shuwen gewartet. Sie ging dann mit uns zum Abteil 4, stellte fest, dass sie sich geirrt hatte, und wir sind letztendlich im Abteil 5 gelandet. Die Chinesin, die über Jana geschlafen hat, war sehr nett und konnte sogar etwas Englisch. Shuwen hatte das Bett über meinem. Es dauerte etwas bis wir uns an das kleine Abteil, den wenigen Platz und den muffigen Geruch im Zug gewöhnt hatten. Sauberkeit wird hier auch nicht so groß geschrieben, aber es ist immer noch besser als Longsheng. Die ersten Stunden vergingen sehr zäh, obwohl unser Abteil ständig voll war. Es gab in der Gruppe auch ziemlichen Frust. Eigentlich wollten Horst mit Enkelin Inken und Josef mit Sohn Bernhard in ein Abteil und so war es auch von Shuwen aufgeteilt worden. Aber Meinhard und Renate waren plötzlich im Abteil von Horst und Inken und sind nicht mehr gewichen. Die wollten nämlich nicht zu Georg und Lilo in ein Abteil. Eigentlich wollte niemand zu Georg und Lilo. 😉 Nun ja, es gab mächtig Theater, weil Meinhard so patzig wurde. Die anderen vier sind seitdem sauer, weil sie sich so super verstehen und nun weder in dem einen, noch dem anderen Abteil wirklich wohl fühlen. Daher sind sie meistens bei uns im Abteil. Die ersten drei Stunden saßen wir zu acht bei uns und die Stimmung war richtig gut. Gegen Abend hatten wir dann schon fast alle keine Lust mehr auf Zugfahren. Die Chinesin hatte ihre Freunde im Nachbarabteil und kam eigentlich nur zum schlafen rüber. Das Bordrestaurant kann man vergessen. Es ist nicht einladend und zum Bedienen hat dort auch niemand wirklich Lust. Einmal waren wir auch in Waggon 5, um Alex, Frederic, Andreas und Claudia zu besuchen. Dort wurde Frederic dann von mir mit dem Gerücht fotografiert, er sei Aktfotograf…die Antwort war schwammig. Abends ging es Jana dann schlechter. Wir passierten gegen 17:00 den höchsten Punkt der Reise: 5072 m hoch. Das ging nicht spurlos an uns vorbei, obwohl Sauerstoff ins Abteil gepumpt wurde. Bei mir war’s, als würde ich doppelt so schwer sein und jemand auf meinen Magen drücken. Der Druck auf den Körper war sehr hoch. Einige Plastiktüten sind auch geplatzt. Aber mir ging’s dennoch ganz gut. Jana hatte noch die ganze Nacht mit Übelkeit zu kämpfen. Ihr habt alle gesagt, dass es eine unvergessliche Reise sein wird. Ja! Das ist sie jetzt schon! So wenig Schlaf und so viele Schmerzen hatten wir noch nie in einem Urlaub. Und das Beste: wir haben auch noch viel dafür bezahlt. ;)) Aktuell haben wir Tag 14 (29.9.) um 13:03. Wir stehen in Lanzhou auf ca. 1500 m. Shuwen schreibt was auf dem Handy, Jana hört Musik oder schläft. Wir haben wieder normale Höhen erreicht, sodass es allen wieder gut geht. Eigentlich sind fast alle nur müde. Die Betten waren hart, die Kopfkissen zu niedrig. Man hatte stets das Gefühl, man liegt kopfüber. Noch 8,5 Stunden, dann sind die 33 Stunden rum. Oh man! Ich muss aber sagen, dass es bis auf den fehlenden Schlafcomfort und die fehlende Sauberkeit (mittlerweile kann man die Toiletten auch kaum noch benutzen) im Abteil ziemlich gemütlich ist. Shuwen versorgt uns ständig mit irgendwelchen chinesischen Köstlichkeiten, wie kackbraune Gummieier (nicht zu empfehlen, bäh), Hühnerschenkel, usw. Eben gerade hat sie auf dem Bahnsteig eine Art Broiler gekauft, der war ganz lecker. Gestern Abend waren Inken und Bernhard noch lange bei uns im Abteil und wir haben uns über Gott und die Welt (u.a. Horrorfilme) unterhalten. Gegen 23:00 haben sich die beiden dann aus Rücksicht auf Jana auf den Gang verkrümelt und ich habe noch den Blog geschrieben. Jana hat wohl gar nicht geschlafen (bis auf jetzt gerade) und ich etappenweise. Gegen halb vier morgens haben wir gedacht, wir ersticken und haben unsere Nasen ans angekippte Fenster gehalten. Die Luft im Abteil war zum Schneiden. Tja was soll ich noch zum Zug schreiben. Die tibetische Landschaft gestern war noch sehr schön, heute ist es eher langweilig. Wir stehen immer ewig an irgendwelchen Bahnhöfen (z.B. Xining) rum. Naja, aber auch das wird vergehen, haha. Blöd nur, dass wir nach zwei Übernachtungen in Xian nochmal eine Nachtfahrt nach Peking haben. Wir sehen es positiv…es ist nur ein Drittel der jetzigen Zugfahrt. Gegen 21:30 sollen wir heute Xian erreichen. Wahrscheinlich brauchen wir dann noch etwas bis zum Hotel und werden nur noch tot ins Bett fallen. Obwohl…ich glaube wir müssen alle dringend duschen. Morgen stehen dann die Terracotta-Armee und ein Heilkräutermarkt auf dem Plan.

PS: endlich wieder etwas Luxus. 21:20 sind wir in Xian eingefahren und waren schon vom Zug aus von der riesigen beleuchteten Stadtmauer beeindruckt. Xian ist die älteste Stadt Chinas und für chinesische Verhältnisse mit 4 Millionen Einwohnern eher „klein“. Gegen 22:30 haben wir im New World Hotel eingecheckt. Ein 4 Sterne Hotel mit herrlich weichen großen Queenbetten und einem geräumigen Zimmer im 7. Stockwerk (von 15). In der Lobby erwartet den Gast schon ein 3-Personen-Steingebilde, dass über 2-3 Etagen geht…sehr beeindruckend. Im 3. OG ist ein Schwimmbad, ich hoffe Zeit zu haben, dort mal mit Inken planschen zu gehen. Wofür habe ich sonst den Badeanzug eingepackt? Jetzt heißt es aber erstmal schlafen, denn morgen geht’s schon um 07:00 los zur Terracotta-Armee. In China hat heute (Samstag) die Nationalfeiertagswoche begonnen, das bedeutet Millionen von Chinesen sind unterwegs!! Ihr glaubt nicht, was am Bahnhof los war. Wir sind kaum durch die Menschenmassen auf dem Bahnhofsvorplatz gekommen. Wir haben nämlich noch schnell bei KFC was zu Essen zum mitnehmen gekauft. Durch das frühe Aufstehen morgen versuchen wir, den Massen halbwegs zu entkommen. Mal schauen, ob es klappt. Gute Nacht.

5 Kommentare zu „Lhasa – Xian (Tibetbahn)

  1. Hab grade deine 3 Mails gelesen. Tibet klingt ja richtig anstrengend. Hoffe ihr könnt trotzdem alles genießen. Der Schmerz vergeht, aber die Erinnerung bleibt. 🙂

    Na auf den Foto von euch in Longsheng seid ihr ja noch fröhlich. Da kanntet ihr wahrscheinlich noch nicht eure Unterkunft, oder? Janas Geburtstagsfoto ist auch sehr schön geworden. Der Yamdrok See sieht wirklich wunderschön aus.

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  2. Hallo mein Schatz,
    Bin wieder in unserem Zuhause angekommen. Alles tiptop. Wetter ist noch super. Gehe jetzt schlafen, da morgen der lästige Alltag wieder beginnt.
    Du fehlst mir mein Schatz, gib Gas und komm heim, ich hab dich ganz doll lieb.
    Dein Tobias!!!

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